Gold und Diamanten
Die wohl beliebteste und weltweit am häufigsten im Umlauf befindliche Goldmünze ist der Krugerrand. Allgemein wird der Krugerrand als erste moderne Anlagemünze aus Gold angesehen. Namengebung und die auf Vorder- und Rückseite eingravierten künstlerischen Motive Bildnis eines bärtigen Mannes im Profil und Springbock verweisen auf die Herkunft der 1967 erstmals geprägten Anlagealternative: Südafrika. Folgerichtig hat das Land an der Südspitze des afrikanischen Kontinents 2017 im Ranking der größten goldproduzierenden Länder der Erde einen siebten Platz mit einem Fördervolumen von ungefähr 145 Tonnen des begehrten Edelmetalls belegt.
Nachdem in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre in der Gegend der Stadt Kimberley im Norden der britischen Kapkolonie nur wenige Kilometer westlich der Burenrepublik Oranje-Freistaat umfangreiche Diamantenlagerstätten entdeckt worden waren, setzte die schon bald in industriellem Maßstab betriebene Fördertätigkeit des begehrtesten aller Edelsteine ein. Unter der Ägide umtriebiger Geschäftsleute wie Alfred Beit, Barney Barnato, Charles Rudd und Cecil Rhodes ist es vor Ort zu einem Individualisten ausschließenden Konzentrationsprozess gekommen, der wesentlich in der Gründung von De Beers seine bedeutungsvolle Bestimmung gefunden hat. Während der von der Werbetexterin Mary Frances Gerety stammende Slogan „A diamond is forever“ mit dem ihm innewohnenden Ewigkeitsversprechen erst einer späteren Zukunft angehören sollte, war die Erkenntnis von fundamentaler Bedeutung, dass die Zahl der in den Handel gelangenden Diamanten begrenzt und kontrolliert werden müsste, prägend für die frühe Phase der überaus erfolgreichen Geschäftstätigkeit von De Beers.
Bald darauf im Jahr 1886 wurde Gold im Witwatersrand nahe dem heutigen Johannesburg gefunden. Wiederum setzte ein Run von Glücksrittern, Abenteurern, Experten und Arbeitern im Bergbau- und Minenwesen, Ingenieuren, Geschäftsleuten, Finanziers und vielen mehr auf die vermuteten Bodenschätze ein. Doch wem gebührte eigentlich die territoriale Oberhoheit über den goldführenden Witwatersrand? Über diese Frage sollten die Burenrepublik Transvaal, auf deren Gebiet sich die Edelmetallvorkommen zweifellos befanden, und das Suzeränität, Oberhoheit über Transvaal mithin, beanspruchende British Empire am Endes des Tages keine friedliche Einigung erzielen können.

Südafrika gegen Ende des 19. Jahrhunderts
Die Uneinigkeit mündete vor 120 Jahren im Oktober 1899 in jene militärischen Ereignisketten ein, die mit dem Oberbegriff „Burenkrieg“ gekennzeichnet werden. Die mehr als zweieinhalb Jahre bis zum Mai 1902 währenden Auseinandersetzungen sind heute fast von den Nebeln der Vergessenheit umschlossen. Dabei handelte es sich um den ersten Medienkrieg der Geschichte mit seinerzeit großer Resonanz in aller Welt. Winston Churchill war als fünfundzwanzigjähriger Kriegsberichterstatter für die heimische Morning Post zugegen, John Atkinson Hobson, der später die erste Imperialismustheorie aufgrund seiner Erfahrungen vor Ort entwickelte, war in gleicher Funktion für den Manchester Guardian zugegen. Der Schöpfer von Sherlock Holmes, Arthur Conan Doyle, schließlich mühte sich als Arzt im Sanitätsdienst der Truppen Ihrer Majestät ab, um das Schickal verwundeter Soldaten zu lindern und zu verbessern und die Person, Paul Kruger, die der Goldmünze Krugerrand Namen und Bildmotiv verlieh, war Staatspräsident der Burenrepublik Transvaal.
Buren, Briten, Einheimische
Als die Niederländer in der Mitte des 17. Jahrhunderts dort, wo heute Kapstadt liegt, an Land gingen, um eine Zwischenstation zu errichten, handelten sie im Auftrag der VOC (Vereenigde Oostindische Compagnie), der Niederländischen Ostindien-Kompanie. Die vorwiegend im Gewürzhandel zwischen dem indischen Subkontinent, den indonesischen Inseln sowie Europa tätige Aktiengesellschaft benötigte eine Zwischenstation für ihre Händler und Kaufleute auf den beschwerlichen Seereisen, um frisches Trinkwasser und Lebensmittel aufzunehmen.
Der Süden Afrikas war jedoch kein menschenleerer Raum, sondern bereits seit vielen Jahrhunderten von einheimischen Völkern besiedelt. Als Jäger und Sammler streiften die durch ihre Felszeichnungen und -malereien auch als Buschmänner bekannten San auf der Suche nach Wild durch die Savannen. Als nomadisierende Viehzüchter und -hirten wanderten die von Europäern als Hottentotten bezeichneten Khoikhoi mit ihren Rinder-, Schaf- und Ziegenherden im Land umher. Die Lebensumstände der auch Ackerbau betreibenden Bantu schließlich sind vorwiegend durch Seßhaftigkeit bestimmt gewesen. Gemeinsam war ihnen allen die Schriftlosigkeit ihrer Kultur. Konflikte waren demnach für den Fall vorprogrammiert, sobald die europäischen Kolonisten am Kap aufbrechen sollten, um das Landesinnere Südafrikas in Besitz zu nehmen. Verbriefte Eigentumstitel oder Besitzurkunden konnten von denen, die schon viel länger da waren, nicht vorgewiesen werden, allenfalls war eine gewohnheitsrechtliche Argumentation möglich.
Nach 150 Jahren niederländischer Dominanz am Kap schwangen sich die Briten an der Schwelle zum 19. Jahrhundert zur neuen Vormacht vor Ort auf. Wer von den zahlreich hier lebenden niederländisch stämmigen Bewohnern die Übernahme von englischer Sprache, Kultur und Rechtssystem nicht akzeptieren wollte, machte sich auf gen Norden. Fern der Heimat hatte sich inzwischen über Generationen eine neue Identität herausgebildet, die sich etwa im Gebrauch einer eigenen Sprache, dem Afrikaans, einer im Calvinismus wurzelnden religiösen Strenggläubigkeit und dem Gefühl der Überlegenheit gegenüber der nichtweißen einheimischen Bevölkerung äußerte. Diejenigen, die sich in den 1830er Jahren mit von Ochsen gezogenen Wagen aufmachten, um irgendwo außerhalb des britischen Systems Weideland zu okkupieren, wurden Trekker oder auch Vortrekker genannt. Nach der Seßhaftwerdung im Binnenland setzte sich rasch die Bezeichnung Buren durch.
Burenkrieg
Ob die Zuspitzung der Ereignisse im Verlauf des Jahres 1899 in der Südafrikanischen Republik Transvaal, dem zweiten Staatswesen der Buren neben dem Oranje-Freistaat, tatsächlich vorrangig mit fehlender Repräsentanz der im Goldbergbau im Witwatersrand zahlreich beschäftigten Briten, den sogenannten Uitlanders, in den politischen Gremien Transvaals zu erklären ist, erscheint fragwürdig. Neben den Allmachtsphantasien eines Cecil Rhodes, der von einem von Kapstadt bis Kairo verlaufenden britischen Herrschaftsgebiet in der Osthälfte Afrikas geträumt hat, enthält die Äußerung des britischen Parlamentariers James Duckworth, „If the Rand had been a potato field, there would have been no war“, den möglicherweise in diesem Kontext entscheidenden Hinweis.
Zwar verfügten weder Transvaal noch der Oranje-Freistaat über einen am Indischen Ozean gelegenen Hafen, doch den gab es in Lourenço Marques in der portugiesischen Kolonie Mosambik. Über eine kürzlich erbaute Bahnstrecke waren die Hafenstadt und Pretoria, schon damals der Regierungssitz, verbunden. Der aufgrund von Konzessions- und Lizenzvergaben im Goldbergbau gut gefüllte Staatsschatz ermöglichte den Buren den Einkauf moderner Repetier- und Maschinengewehre oder Feldgeschütze in Europa, vorwiegend in Frankreich und Deutschland.
Erster Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte, einer Berufsarmee, in Südafrika wurde Sir Redvers Buller, ein General der im Verlauf seiner militärischen Karriere aufgrund seiner Verdienste bereits mit dem Viktoriakreuz ausgezeichnet worden war. Dass er nicht der einzige Oberbefehlshaber blieb, hatte mit dem entschiedenen und erfolgreichen Widerstand der burischen Milizen zu tun. Ihre kleinen mobilen Einheiten waren durchweg mit Pferden ausgestattet, was ihnen eine hohes Maß an Beweglichkeit erlaubte. Die personelle Unterlegenheit konnte gerade anfangs durch bessere Ortskenntnisse und Ausnutzung naturräumlicher Gegebenheiten ausgeglichen werden. Kommandeure wie Koos de la Rey, Louis Botha oder Christiaan de Wet waren brillante Taktiker, die es verstanden die britischen Streitkräfte immer wieder ins Leere laufen zu lassen oder sie zu verlustreichen infanteristischen Frontalangriffen auf gut ausgebaute Schützengrabenstellungen zu verleiten. Allein, eine übergeordnete Strategie, die es verstanden hätte, den Buren sprachlich und kulturell nahestehende Gesinnungsgenossen, die Afrikaander, in der Kapkolonie und Natal zum Aufstand gegen die Briten zu bewegen, konnte nicht umgesetzt werden. So kam es, wie es wohl kommen musste. Truppenaufstockungen und der Wechsel des Oberbefehls von Buller zu Lord Roberts führten im Ergebnis zur Einnahme von Bloemfontein und am 5. Juni 1900 zur Eroberung von Pretoria, der Hauptstadt Transvaals. Mit der Einnahme der gegnerischen Haupstadt war nach dem Verständnis von Lord Roberts der Konflikt eigentlich beendet, da die auf der Flucht befindliche Regierung über keinen festen Amtssitz mehr verfügte.
Zwar legte nunmehr eine größere Zahl von Buren die Waffen nieder, die es nicht taten, kämpften mit steigender Verbissenheit weiter. Insofern markiert die Einnahme Pretorias den Abschluss der ersten Phase des Burenkrieges, dem eine zweijährige zweite Phase folgte. Bis in den Mai 1902 dauerte die blutige Ouvertüre des 20. Jahrhunderts an, die oftmals behauptete zivilisatorische Mission des British Empire verkehrte sich zusehends in ihr Gegenteil.
Folgt man den Zahlenangaben des preisgekrönten Werkes des Historikers Martin Bossenbroek „Tod am Kap. Geschichte des Burenkrieges“, seit 2016 in deutscher Übersetzung vorliegend, erhöhte sich allmählich die maximale Stärke der britischen Streitkräfte in Südafrika bis auf 240.000 Mann. Dies entsprach der Gesamtzahl der burischen Bevölkerung überhaupt und dem Zwölffachen der etwa 20.000 bewaffneten Kräfte, die der Gegner im Mai 1901 noch zusammenbrachte. Truppenaufstockungen blieben indessen nicht die einzige Antwort die Lord Kitchener, nunmehr der dritte Oberbefehlshaber, gegenüber den nach wie vor wirkungsvoll die britischen Nachschubverbindungen attackierenden Burenkommandos entwickelte. Den immer mehr Züge eines Guerillakrieges annehmenden Kampfhandlungen versuchte Kitchener Herr zu werden, indem das Konzept der „verbrannten Erde“ realisiert wurde. Farmen der burischen Landbevölkerung wurden niedergebrannt, die Ernteerträge und Viehbestände wurden beschlagnahmt. Um den feindlichen operativ wirkenden Kräften jegliche Unterstützung in der einheimischen Bevölkerung zu nehmen, wurde diese in Internierungslagern zusammengepfercht und eingesperrt, voraus gingen in vielen Fällen die Härten des Transports in offenen Viehwaggons. Die Hälfte der weißen Bevölkerung Transvaals und des Oranje-Freistaats befand sich schließlich in Gefangenschaft, die Anzahl der internierten Nichtweißen betrug, wiederum Martin Bossenbroek zufolge, zwischen 110.000 und 115.000. Die katastrophalen sanitären und hygienischen Bedingungen, unzureichende medizinische Versorgung und dysfunktionale Unterbringung forderten ihre Opfer. An die 48.000 Menschen bezahlten dafür mit dem Leben, sehr viele waren noch Kinder.
Not und Elend ihrer Landsleute vor Augen willigten endlich die letzten widerstrebenden politischen und militärischen Akteure auf Seiten der Buren in Friedensverhandlungen ein. Der Frieden von Vereeniging vom 31. Mai 1902 beendete den Krieg. Artikel 8 des Friedensvertrages schloss Nichtweiße zukünftig vom Wahlrecht aus, eine Hypothek, die spaltend in die südafrikanische Gesellschaft hineinwirken sollte, bis 1994 die ersten allgemeinen Wahlen für Menschen aller Hautfarben ausgerufen werden durften. Und das British Empire? Rein formell hatte es den Kolonialkrieg gewonnen, wenn auch mit mehr als 22.000 toten eigenen Soldaten ein hoher Preis zu zahlen war. Die so sorgsam gehütete und gepflegte Attitüde moralischer Überlegenheit indes, sie war bis auf weiteres erst einmal passé.
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