Rom vs. Karthago: Der lange Kampf um Vorherrschaft im Mittelmeerraum

Vom Auf und Ab in der Geschichte

Es ist nur schwerlich eine Reihe von Aufsätzen zur Römischen Geschichte vorstellbar, in deren Rahmen nicht ganz zwangsläufig irgendwann die grundlegende Frage in den Vordergrund rückt, wie Roms Aufstieg von der bescheidenen, auf Hügeln befindlichen Hüttensiedlung am Tiber zu imperialer Größe eigentlich erklärt werden kann. Was den in den Jahren spätrepublikanischer Wirren in Patavium, dem heutigen Padua, geborenen maßgeblichen römischen Historiker Titus Livius in der Vorrede zu seinem leider nur fragmentarisch erhaltenen opus magnum „Ab urbe condita“ zu der Feststellung veranlasst hat, „weil es um die Vergegenwärtigung von mehr als 700 Jahren geht und weil der aus so geringen Anfängen erwachsene Staat zu solcher Größe angeschwollen ist, dass er mittlerweile selbst darunter leidet“, beschäftigt uns nach wie vor.

Der livianische Gedanke von einer so erheblichen Staatsgröße, an der man schließlich selbst zu leiden hätte, nimmt vorweg, was erst Jahrhunderte später mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus 476 n. Chr. faktisch eingetreten ist: das Ende des Imperiums. Derselbe Ausgangspunkt, er heißt jetzt imperial overstretch, begegnet bei dem in den USA lebenden britischen Historiker Paul Kennedy wieder. Kennedy hat ihn 1987 in seinem in zahlreiche Sprachen übersetzten, vielbeachteten „The Rise and Fall of the Great Powers“ als wesentliche Ursache des Abstiegs neuzeitlicher Großmächte während des 16. bis 20. Jahrhunderts wie beispielsweise des British Empire identifiziert. Die imperiale Überdehnung nimmt in der zyklischen Modellvorstellung des Autors dabei stets die zweite Position nach dem Aufstieg und vor der danach einsetzenden Erschöpfung und dem anschließenden Abstieg ein. Auch in der nicht unumstrittenen Geschichtsphilosophie Oswald Spenglers findet sich das Motiv des Umschlags von der Blütezeit hin zum Bedeutungsverlust wieder und wird im „Untergang des Abendlandes“ im Ergebnis mit dem Stadium des Verfalls, des Greisenalters einer Hochkultur gleichgesetzt.

Doch vor dem Abstieg steht der Aufstieg, im vorliegenden Fall derjenige Roms zum Kontinente übergreifenden und das gesamte Mittelmeer, das mare nostrum, umfassenden Imperium.

Roms binnenitalischer Aufstieg

Für das späte 9. Jahrhundert v. Chr. werden zwei bescheidene Siedlungskerne, einer im Umfang von 54 Hektar im Bereich der Hügel Kapitol und Quirinal und ein zweiter auf dem Palatin im Umfang von 37 Hektar, von der archäologischen Feldforschung für den Ort registriert, von dem es später heißt, alle Wege würden dorthin führen. Erst im Verlauf des 8. Jahrhunderts v. Chr. kommt es zu einem Zusammenwachsen der verschiedenen Siedlungen zu einer örtlichen Gemeinschaft, die dann zum Ende des Jahrhunderts hin als proto-urban angesprochen werden kann. Mehr als ein Dorf, aber eben noch keine Stadt. Dazu fehlte es an sich in gepflasterten Straßen, soliden Häusern und monumentalen öffentlichen Gebäuden festzumachender Urbanität, womit das von Varro überlieferte Stadtgründungsdatum 753 v. Chr. in den Bereich des Mythos zu verweisen ist. Die eigentliche Stadtwerdung Roms einschließlich einer Erweiterung der besiedelten Fläche auf 320 Hektar ist nicht vor dem Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. erfolgt, also rund einhundert Jahre vor der Vertreibung des letzten etruskischen Königs Tarquinius Superbus und dem damit verbundenen Übergang in die Staatsform der frühen Republik. Gegenüber den weiter nördlich, vor allem in der heutigen Toskana gelegenen, kulturell eine weitaus intensivere Strahlkraft ausübenden etruskischen Zentren wie auch gegenüber den griechischen Städten in den fruchtbaren Küstenebenen im Süden des Festlandes (Tarent, Sybaris, Kroton, Metapont, Paestum) befanden sich die Römer damit anfangs nicht auf der Überholspur, sondern sie waren Nachzügler.

In den darauf folgenden Jahrhunderten jedoch erfolgte das allmähliche Ausgreifen Roms über die Tiberregion und Latium hinweg in die anderen Regionen Altitaliens, das es am Ende dieses Prozesses nahezu vollständig dominiert hat. Ohne die großen Inseln Sardinien und Korsika im Westen des Tyrrhenischen Meeres und das südlich des Stiefels gelegene Sizilien ist einschränkend anzufügen. Zur Seemacht avancierte die Ewige Stadt erst im 3. Jahrhundert v. Chr. Durch vollständige Integration geographisch nahe gelegener Gebiete in den ager Romanus und Verleihung des römischen Bürgerrechts in verschiedenen Abstufungen an die dort ansässige Bevölkerung, durch die Errichtung von festungsartig ausgebauten Kolonien in feindlichem Gebiet wie Venusia, Hadria, Luceria oder Sinuessa gelang dabei ein politisch und demographisch besonders wirkungsvoller Schachzug. Indem diese Kolonien den Status latinischen Rechts erhielten, konnten sie verwaltungstechnisch zwar weitestgehend selbständig und unabhängig in der Fremde agieren, waren aber über ein Bündnis mit Rom vertraglich assoziiert. Sie hatten demzufolge bei Bedarf Heeresfolge zu leisten, was gleichermaßen auf die Angehörigen eines weiteren Grundpfeilers römischer Herrschaft zutraf, die Bundesgenossen. Die schrittweise Errichtung der inneritalischen Wehrgemeinschaft brachte Rom derart strukturelle Vorteile, die, was die personellen Reserven des für den Dienst in den Legionen einsatzfähigen Militärs betraf, kein potenzieller Gegner zukünftig auch nur näherungsweise in die Waagschale werfen konnte. Als Alleinstellungsmerkmal der Tibermetropole hat der Althistoriker Arthur M. Eckstein die hier beschriebene Integrationsleistung hervorgehoben und gefolgert, dass es deshalb eben möglich gewesen sei, Kriege mit höherer Intensität und größerem Durchhaltevermögen zu führen.

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1. Reliefkarte von Italien. Die Ocker- und Brauntöne kennzeichnen die über die ganze Halbinsel sich hinziehenden Bergzüge des Apennin. Die fruchtbaren Küstenebenen sind in Grün gehalten.

Die Erringung der inneritalischen Hegemonialstellung verlief dabei keineswegs so schnurgerade, wie es vielleicht den Anschein hat. Nur wenige Jahre nachdem die konkurrierende etruskische Stadt Veii 396 v. Chr. nahezu vollständig zerstört worden war, hatte sich Rom den von Norden aus dem Voralpenraum und der Poebene vorrückenden Kelten, auch Gallier genannt, zu erwehren. Doch das misslang gründlich. Die Vernichtung der römischen Armee an der Allia am 16. Juli 387 v. Chr. ist als dies ater, als schwarzer Tag, in die Geschichte eingegangen. Es sollte sogar noch schlimmer kommen. Rom selbst ist von den Kelten besetzt worden. Nur die Wachsamkeit der sich am Kapitolshügel aufhaltenden  Gänse, so will es die mythische Überlieferung, hat demnach verhindert, dass auch die letzte Bastion des Widerstands gegen die barbarischen Eroberer gefallen ist. Nicht nur von Norden, sondern ebenso aus dem gebirgigen Binnenland, den sich über große Teile der Halbinsel erstreckenden Höhenzügen des Apennin, drohte Ungemach. Es hat seinen nachhaltigen Ausdruck in den über mehrere Jahrzehnte tobenden und bis 290 v. Chr. andauernden Samnitenkriegen gefunden. Rückschläge inbegriffen, konnten dabei nicht nur territoriale Ambitionen von Gebirgsstämmen wie den Hirpinern, Caudinern und den Pentrern auf die fruchtbare kampanische Ebene, wo nach dem Abzug der Etrusker ein Machtvakuum zu beobachten war, abgewehrt werden, sondern jedwede Offensivaktionen von dort sind für immer unterbunden worden. Als Rom bald danach in Konflikt mit der von Griechen gegründeten Stadt Tarent geriet, der einzigen von Spartanern initiierten Koloniegründung auf italischem Boden überhaupt, passierte überraschenderweise folgendes: Die sich ihrer griechischen Wurzeln bewussten Tarentiner wandten sich auf der Suche nach tatkräftigen Bundesgenossen an ihre Ursprungsheimat. Sie fanden Gehör beim König von Epirus. Sein Name, Pyrrhos, ist bis heute geläufig und steht für eine bestimmte Form von Siegen. Der Sieger geht dabei aus einem verlustreichen Konflikt ähnlich geschwächt hervor wie die Besiegten und kann auf dem Sieg nicht aufbauen. Nach der Schlacht bei Asculum 279 v. Chr. soll Pyrrhos dem antiken Biographen Plutarch zufolge gesagt haben: „Noch einen solchen Sieg über die Römer, – dann sind wir vollständig verloren.“ Die Römer indessen machten erstmals Bekanntschaft mit hellenistischer Kriegstechnik, wie sie sich in den Diadochenreichen des ostmediterranen Raumes seit dem Tode Alexanders 323 v. Chr. zunehmend eingebürgert hatte. Darunter fällt etwa die Verwendung von Katapulten, Wurfmaschinen, Belagerungstürmen und der Einsatz von Kriegselefanten. Was auch immer Pyrrhos ins Feld zu führen wusste, von ihm belagerte latinische Festungen hielten dem Bündnispartner am Tiber stets die Treue, die italische Wehrgemeinschaft funktionierte, was beim epirotischen König zu zunehmender Frustration führte, bis er schließlich unverrichteter Dinge zurück nach Griechenland davongesegelt ist.  

Für einige wenige Jahre kehrte Ruhe ein.

Rom vs. Karthago: Die punischen Kriege

Wer nur die Ereignisse ab dem Beginn des Ersten Punischen Krieges 264 v. Chr. in den Blick nimmt, kann leicht übersehen, dass die beiden Konfliktparteien vormals über mehr als zweihundert Jahre bereit und willens waren, friedlich nebeneinander her zu existieren. Der in Rom im Haus des Feldherrn Lucius Aemilius Paullus lebende, aus Griechenland stammende Geschichtsschreiber Polybios, der wohl wichtigste Gewährsmann für das nun folgende Geschehen, weist nämlich auf ein erstes Vertragswerk, dessen zweifelsfreie Datierung in der historischen Forschung allerdings nicht unumstritten ist, aus der Zeit um 500 v. Chr. hin, in dem die beiderseitigen Einfluss- und Interessensphären ganz allgemein beschrieben und festgelegt werden. 

Unter anderem erfährt man hier, dass es den Römern und ihren Bundesgenossen nicht gestattet sei, mit ihren Schiffen jenseits des nahe Karthago gelegenen Schönen Vorgebirges zu fahren, ausgenommen der Fall, ein Unglück würde sie dorthin verschlagen. Beim Verfolgen von Geschäften in Sardinien oder Libyen hätten römische Kaufleute einen karthagischen Mittelsmann hinzuzuziehen und die beiden genannten Gebiete wurden nebst dem karthagischen, dem westlichen Teil Siziliens zur Einflusszone der nordafrikanischen Stadt erklärt. Aus diesen Bestimmungen wird man gewiss nicht ableiten können, es habe sich um ein römisches Diktat gegenüber der didonischen Gründung gehandelt. Im Gegenteil: Während griechische Poleis im östlichen Mittelmeerraum die maßgeblichen Akteure in der Archaik und Klassik waren, wurde der westlich von Sizilien gelegene Bereich bis zu den Säulen des Melqart, der Straße von Gibraltar, von karthagischen Handels- und Kriegsschiffen wenigstens seit dem zweiten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. dominiert. Spätfolge einer bis in die frühe Eisenzeit zurückreichenden merkantilen Präsenz auf der Jagd nach metallischen Rohstoffen und Edelmetall.

In Rom selbst dominierte mit dem Übergang von der Königszeit in die Republik innenpolitisch das Patriziat, eine adelige Oberschicht, die ab 500 v. Chr. sämtliche hohen Ämter bekleidete. Was den Unmut vieler nicht diesem Erbadel angehöriger Bürger, der sogenannten Plebejer, hervorrief. Der Unmut brach sich Bahn in den Ständekämpfen, in denen gesetzgeberisch mit den Leges Liciniae Sextiae im Jahr 367 v. Chr. ein wirksamer, folgenreicher Ausgleich geschaffen wurde. Fortan durfte das höchste Staatsamt, das Konsulat, beruflich der ultimative Sehnsuchtsort so vieler, aber alljährlich nur von zweien erreichbar, auch von Plebejern ausgeübt werden. Allmählich entwickelte sich aus dem gedeihlichen Zusammenwirken von Patriziern und Plebejern eine neue innerstädtische Elite: die Nobilität. Neben einem spezifischen Katalog von Tugenden wie der virtus, einer Art der idealen Tüchtigkeit, der unbedingten Beachtung des mos maiorum, der Sitte und Tradition der Vorfahren, war sie mit einem gehörigen Konkurrenzdenken ausgestattet. Der Althistoriker Michael Sommer sieht in seinem 2021 publizierten „Schwarze Tage. Roms Kriege gegen Karthago“ diese Elite auf der Suche nach Bewährungsräumen, in denen die Möglichkeit gegeben war, Ansehen und Prestige anzuhäufen, sich von den Standesgenossen positiv abzuheben, herauszuragen. Ein für die res publica gewonnener Feldzug mit dem nachfolgenden Gunstbeweis eines Triumphzuges durch die Stadt ist in diesem Sinne mit das Erstrebenswerteste gewesen. Doch welche Bewährungsräume gab es, nachdem Pyrrhos das Land wieder verlassen hatte? 

Es ergaben sich im Grunde genommen völlig neue Aussichten, als 264 v. Chr. ein Ersuchen um Hilfe aus dem sizilischen Messene, dem heutigen Messina, an Rom herangetragen wurde. Dort in Messene lag zum Leidwesen eines von Partikularinteressen bestimmten Teils der Bevölkerung eine kleine karthagische Garnison, derer man sich mit auswärtiger Unterstützung zu entledigen hoffte. Tatsächlich bildete die militärische Präsenz von Nichtgriechen in der eigentlich von griechischen Kolonien besiedelten Osthälfte der Insel, darunter das mächtige, einflussreiche Syrakus, etwas Gewöhnungsbedürftiges. Und man wollte sich nicht daran gewöhnen.

Rom sandte Hilfe in Form von Legionen und gewann bereits 263 v. Chr. in Hieron II. von Syrakus einen gewichtigen Bündnispartner – nach vorherigen erbitterten Feindseligkeiten – hinzu. Karthago befand sich unvermittelt in einem Zweifrontenkrieg, aus dem die Römer 241 v. Chr. schlussendlich nach fast einem Vierteljahrhundert als Sieger hervorgingen. Die Landmacht Rom bewältigte dabei auffallend mühelos, unter anderem durch die Konstruktion von baugleichen Imitaten gegnerischer Schiffe, den Sprung zu einer ausgefeilten Seekriegsführung, wofür beispielhaft die unter dem Konsul Gaius Duilius gewonnene Seeschlacht von Mylai 260 v. Chr. beweiskräftig herangezogen werden kann. Die Quinquereme mit bis zu 270 Ruderern avancierte dabei zum Standardkampfschiff der römischen Marine, deren Präsenz im Mittelmeer fortan unübersehbar war.

Die Friedenverhandlungen zwangen Karthago im Ergebnis neben der Leistung von umfangreichen Reparationszahlungen in Höhe von 3200 Talenten und der Freigabe aller Kriegsgefangenen auch zur vollständigen Preisgabe von Sizilien, ein überaus schmerzlicher Verlust. Die kornreiche Insel wurde wenige Jahre später 227 v. Chr. als erste römische Provinz überhaupt eingerichtet und von einem Prätor als Statthalter verwaltet. Die ehemalige Hüttensiedlung am Tiber schien niemand mehr auf ihrem Vormarsch aufhalten zu können. Wirklich niemand?

Neben Sizilien hatten die Karthager inzwischen ihre wertvollen Positionen auf Sardinien und Korsika eingebüßt. Sie hielten sich dafür auf der rohstoff- und edelmetallreichen iberischen Halbinsel schadlos, vor allem im Süden und Südosten. Die vornehme Familie der Barkiden unter ihrem Oberhaupt Hamilkar Barkas schuf hier im Interesse der nordafrikanischen Heimatstadt vollendete Tatsachen, wie sie ihren urbanen Ausdruck etwa in der Gründung von Carthago Nova, Neukarthago, gefunden haben. Einer der Söhne Hamilkars, Hannibal, schickte sich schließlich an, die Stadt Sagunt an der Ostküste zu belagern, was 219 v. Chr. zum erfolgreichen Abschluss gebracht wurde, wenn auch unter zahlreichen Opfern. Roms Abgesandte sprachen daraufhin in Karthago vor, um die Auslieferung jenes Hannibal, eines jungen Mannes erzogen in unbändigem Widerwillen gegen alles Römische, zu verlangen, was abgelehnt wurde. Der Zweite Punische Krieg begann.

Wenn heute manche Militärhistoriker den Karthagern für die Jahre von 264 v. Chr. bis 241 v. Chr. ein allzu reaktives, von unzureichendem Offensivgeist getragenes Agieren vorwerfen, so lässt sich das für die gut zwanzig Jahre später beginnenden kriegerischen Auseinandersetzungen nicht mehr sagen. Im Gegenteil: Der angesprochene Hannibal trug den Krieg von Spanien aus unverzüglich nach Italien. Vorausgegangen war die legendäre Alpenüberquerung mit den Kriegselefanten. Danach bereitete Hannibal den sieggewohnten Legionen der Römer eine Niederlage nach der anderen: an der Trebia, am Trasimenischen See und – fürchterlicher Höhepunkt – in Cannae 216 v. Chr. Taktisch und strategisch erwies sich Hannibal stets überlegen, insbesondere was die zangenförmigen Umfassungsangriffe seiner numidischen Reiterei anbetraf, die im schlimmsten Fall zur vollständigen Einkesselung der Gegner geführt haben. Sein Hauptziel, die Beschädigung und Auflösung der inneritalischen Wehrgemeinschaft zu erreichen, was die Isolation Roms zur Folge gehabt hätte, gelang Hannibal trotz jahrelanger Verwüstungen des Landes im Sinne einer Politik der verbrannten Erde indes nicht. Die Römer warteten ab, hielten durch, zeigten sich widerstandsfähig, belastbar und lernten dazu. Bis sie einen Feldherrn hervorbrachten, der seinem barkidischen Gegenüber gewachsen war: Publius Cornelius Scipio Africanus. Dieser trug den Krieg zurück nach Nordafrika, so dass Hannibal Italien, wo ihn schon länger Versorgungs- und Nachschubprobleme geplagt hatten, verlassen musste. Am 19. Oktober 202 v. Chr. kam es in Zama zur Entscheidungsschlacht. Die inzwischen flexibler als zuvor agierenden Römer siegten am Ende des Tages. Auch der Zweite Punische Krieg ging für Karthago verloren.

Die alte Handelsstadt am Golf von Tunis musste nunmehr nebst gewaltigen Reparationszahlungen seine Flotte fast vollständig an Rom übergeben und auf alle Stützpunkte außerhalb seines Kernlandes verzichten. Militärische Unternehmungen waren ihr zukünftig überhaupt nur noch erlaubt, sofern Rom seine Zustimmung dazu erteilt hatte. Die alte Führungsrolle Karthagos im westlichen Mittelmeerraum war damit unwiederbringlich dahin.

Karthagos Untergang

Mehr als fünf Jahrzehnte vergingen bis die finale Auseinandersetzung gesucht wurde. Das Unbehagen an den Ufern des Tiber ist wohl nie ganz verklungen, es könnte noch einmal eine Lichtgestalt wie der 183 v. Chr. im kleinasiatischen Exil verstorbene Hannibal den römischen Staat an die Grenzen seiner nicht unbeträchtlichen Leistungsfähigkeit bringen. Währenddessen spulte der einflussreiche erzkonservative Marcus Porcius Cato im Laufe jeder Senatssitzung sein Mantra ab: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“ Anlässlich einer Inspektionsreise in Nordafrika war Cato nämlich zu der Überzeugung gelangt, dass Macht und Wohlstand Karthagos ungebrochen seien. Fälschlicherweise sollte angefügt werden.

Indessen hatten zahlreiche Attacken des Numiderkönigs Massinissa auf karthagisches Gebiet eine militärische Reaktion von dort provoziert. Indem man sich in einem Akt der Selbstverteidigung gegen numidische Übergriffe zur Wehr setzte, wurde Karthago jedoch gegenüber Rom vertragsbrüchig. Der im dortigen Senat willkommene casus belli war damit gegeben. Jedwedes diplomatische Einlenken erwies sich als wirkungslos.

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Die Konsuln Lucius Marcius Censorinus und Manius Manilius landeten 149 v. Chr. mit 80.000 Legionären in Nordafrika und forderten die Aushändigung sämtlicher Waffen, Rüstungen und Kriegsmaschinen von den Karthagern, die dem entsprachen, wohl in der Hoffnung, sie mögen dann verschont bleiben. Dann eröffneten die Konsuln ihr eigentliches Vorhaben: einen Umsiedlungsplan, der für sämtliche Einwohner der Stadt Didos gelten sollte und für sie eine komplette Aufgabe der Heimat bedeutet hätte, ein Zwangsexil. Nun wurde auf Widerstand umgeschaltet. Mit Katapulten, Rammböcken und Belagerungsmaschinen versuchten die Römer, Breschen in die wohlbefestigte Stadtmauer zu schlagen, lange Zeit vergeblich. Kommandowechsel wurden notwendig bis die Reihe an Publius Cornelius Scipio Aemilianus, genannt der jüngere Scipio, war. Durch Adoption war er in die angesehene Familie der Scipionen gelangt und wollte es seinem Großvater, dem legendären Sieger von Zama, gleichtun. Tatsächlich gelang dann der entscheidende Durchbruch im Bereiche des Hafenviertels der Stadt. Es folgte ein für beide Seiten verlustreicher und mit äußerster Erbitterung geführter Straßen- und Häuserkampf. Am Ende blieb allein die Byrsa übrig. Hier hat die punische Stadtgeschichte der Legende nach mit einer Ochsenhaut begonnen, hier endete sie 146 v. Chr. 

Alles ging in Flammen auf, Karthago brannte siebzehn Tage lang! Wer überlebte, wurde in die Sklaverei verkauft.

Bildnachweis©1 pixabay, 2, 3, 4 Hauke Christen.

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